Darmflora: Definition, Aufbau und Funktion

Die Darmflora und was du schon immer darüber wissen wolltest

Die Darmflora ist in aller Munde. Sachbücher wie Darm mit Charme erobern Bestsellerlisten, ganze Podcasts drehen sich um unseren Bauch und dessen Gesundheit und Google spuckt über drei Millionen Ergebnisse bei dem Suchbegriff Darmflora aus. Darmflora? Was ist das? Wir schauen mal genau hin und erklären, was sich hinter dem Begriff versteckt und beleuchten was die Darmflora mit den Begriffen Mikrobiom und Mikrobiota zu tun hat.

Darmflora – Was ist das?

Unter dem Begriff Darmflora versteht man alle im Darm lebenden Mikroorganismen, wie beispielsweise Darmbakterien und -pilze. Der Begriff Flora ergibt sich aus der früheren Annahme heraus, dass Bakterien zu den Pflanzen gehören. Obwohl Bakterien heutzutage als eigene Domäne gelten, wird der Begriff Darmflora immer noch verwendet. In der Fachwelt wird jedoch genau aus diesem Grund immer häufiger von einer Darmmikroorganismengemeinschaft oder von einer Darmmikrobiota gesprochen.

Bakterien: Freund oder Feind?

Im ersten Moment denken wir bei Bakterien an etwas Schlechtes oder sogar Gefährliches. Im Haushalt bekämpfen wir sie mit Putz- und Desinfektionsmitteln und waschen uns regelmäßig die Hände, um Viren und Bakterien loszuwerden. Dabei sind die meisten Mikroorganismen sehr nützlich, werden beispielsweise in der Lebensmittelproduktion eingesetzt, sorgen für eine Schutzschicht auf unserer Haut und besiedeln eben den Darm.  Als besonders wichtige Vertreter der Darmflora gelten Milchsäurebakterien, wie z.B. Laktobacillen, Bifidobakterien oder auch Enterokokken. Als feindliche Vertreter gelten bekannte Vertreter wie Helicopacter pylori oder Salmonella, die zu starken Beschwerden im Darm führen. Es gibt sie also beide, die guten und die schlechten Mikroorganismen in unserem Darm.

Aufbau der Darmflora

Der Aufbau unserer Darmflora ist nie gleich und verändert sich mit der Zeit. Während wir zu Beginn unseres Lebens nur wenige Bakterien im Darm haben, steigt die Dichte mit der Zeit und es entwickelt sich besonders im ersten Lebensjahr ein Ökosystem in unserem Bauch. Denn vor unserer Geburt ist der Darm ein steriles Organ, das dann bei der Geburt erstmals besiedelt wird.[1] Ein lebensnotwendiger Prozess, der durch viele Faktoren, wie Art der Geburt, Muttermilch und Co. beeinflusst wird. Nach etwa zwei Jahren ist unsere Darmflora „erwachsen“, verändert sich jedoch weiterhin jeden Tag. Dabei ähneln sich bei allen Menschen etwa ein Drittel unserer Darmbakterien, die anderen zwei Drittel sind individuell verschieden. So ergibt sich ein einzigartiger Fingerabdruck direkt in unserem Darm.

Das sehr dynamische und komplexe Ökosystem unserer Darmflora besteht aus verschiedenen Bakterienunterschiedlicher Stämme und variiert in der Zusammensetzung je nach Darmabschnitt. Da jeder Darmabschnitt seine ganz eigene Aufgabe bei der Verdauung hat, ist es wichtig, dass in jedem Darmabschnitt unterschiedliche Bakterien aktiv sind. Besonders unser Dickdarm ist dicht besiedelt. Beeinflusst wird der Aufbau der Darmflora durch viele Faktoren. Ein ganz wichtiger Einflussfaktor ist unsere Ernährung, aber auch körperliche Aktivität, Stress, Medikamente und Lebensstil können die Darmflora positiv wie negativ beeinflussen. Wichtig für unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit ist eine gute Bakteriengemeinschaft mit einer hohen Vielfalt in ausgewogener Zusammensetzung. Denn solange die Bakterien mit positiven Eigenschaften überwiegen, geht es uns und unserem Darm ganz wunderbar.

Mikrobiom vs, Darmflora: Wo ist der Unterschied?


Oftmals liest man im Zusammenhang mit der Darmflora auch den Begriff Mikrobiom oder Mikrobiota. Ist das das Gleiche? Nein, denn die Darmflora ist nur ein Teil des Mikrobioms. Das menschliche Mikrobiom ist die Gesamtheit aller mikrobiellen Gene, also umfasst es beispielsweise auch die Mikroorganismen, die sich auf unserer Haut befinden – die Hautflora oder eben, die die im Darm angesiedelt sind – die Darmflora. Das menschliche Mikrobiom umfasst nach heutigen Schätzungen etwa 39 Billionen Mikroorganismen.[2] 99 Prozent dieser „Bewohner“ leben im Darm, somit macht die Darmflora den Großteil des Mikrobioms aus. Aber nicht nur die Anzahl an Bakterien ist beeindruckend, auch die Vielfalt ist kaum zu glauben. Aus bis zu 1.000 verschiedenen Bakterienarten setzt sich unsere Darmflora zusammen.[3] Da das Mikrobiom noch viele Fragen in der Medizin aufwirft, wird hier immer noch intensiv geforscht.

Darmflora Funktion

Nachdem nun klar ist, was genau hinter dem Begriff Darmflora steckt und wie sie aufgebaut ist, stellt sich nun noch die Frage, welche Funktion sie überhaupt hat. Natürlich ist sie stark in unsere Verdauung involviert. Die Mikroorganismen im Darm übernehmen dabei eine Vielzahl von Aufgaben. In unserem Beitrag über das Verdauungssystem haben wir die einzelnen Schritte durch unseren Körper erklärt. Zudem fördern die Darmbakterien unsere Darmbewegung, die wiederum notwendig ist, um den Speisebrei durch den Körper zu bewegen. Neben ihren Aufgaben bei der Verdauung kommt der Darmflora eine besondere Bedeutung für unser Immunsystem zu, da sie es trainiert und schützt, Krankheitserreger bekämpft und entzündungshemmende Substanzen herstellt.[4] Wie genau das funktioniert und warum die intestinale Mikrobiota so entscheidend ist für unser Immunsystem lest ihr in unserem Beitrag „Warum dein Darm und Immunsystem ein gutes Team sind!“. Eine weitere wichtige Rolle unserer Darmflora ist die Produktion bestimmter Vitamine, wie Vitamin K, B-Vitamine und Folsäure sowie die Regulation unseres Glückshormons Serotonin. Neueste Erkenntnisse zeigen sogar ein Zusammenhang zwischen der Darmflora und unserer psychischen Gesundheit. Über den Kommunikationsweg der Darm-Hirn-Achse nehmen Darmbakterien Einfluss auf die Neurochemie unseres Gehirns.[5]

Happy gut, happy life

Die Komplexität der Darmflora, die Vielzahl an Funktionen und Einflüssen auf den Körper und unsere Gesundheit macht deutlich, wie wichtig es ist, eine gesunde Darmflora zu haben. Eine Vielzahl an Erkrankungen ist mit einer Dysbalance unseres intestinalen Mikrobioms verknüpft. Daher ist es für unsere Gesundheit von großer Bedeutung, unsere Darmbakterien in großer Artenvielfalt und in gesunder Balance zu halten.

[1] Mackie RI, Sghir A, Gaskins HR (1999): Developmental microbial ecology of the neonatal gastrointestinal tract, Am J Clin Nutr. 69(5):1035S-1045S.

[2] Ron Sender, Shai Fuchs, Ron Milo (2019): Revised estimates for the number of human and bacteria cells in the body, PLOS Biology doi: 10.1371/journal.pbio.1002533

[3] Dorothee Hahne (2013): Intestinale Mikrobiota: Ein „Ökosystem“ mit Potenzial, Dtsch Arztebl 110(8): A-320 / B-295 / C-29

[4] Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE): Gesund mit guten Darmbakterien; https://www.in-form.de/wissen/gesund-mit-guten-darmbakterien/

[5] JF Cryan et al. (2019): The microbiota-gut-brain axis, Physiol Rev99: 1877–2013