Wichtig für ein gutes Bauchgefühl: Das Verdauungssystem

Verdauungssystem: Eine spannende Reise durch den Körper

Die Verdauung ist ein hochkomplexer Vorgang an dem viele Organe beteiligt sind. Egal ob Müsli, Kartoffelsuppe, Rinderbraten oder Zitronenkuchen, alles was du isst, muss in seine Bestandteile zerlegt werden, um den Körper mit Energie und wichtigen Nährstoffen zu versorgen. Das Verdauungssystem verschafft dir und deinem Körper sozusagen die Energie zum Leben. Die benötigten Nährstoffe, also Kohlenhydrate, Eiweiße und Fett sowie Mineralstoffe und Vitamine werden dabei auch von unnötigen Abfallprodukten getrennt, die dann von anderen Organen weiterverarbeitet und ausgeschieden werden. Das Wunder: Dieser lebenswichtige Prozess geschieht fast von selbst. Das Tragische dabei: Ist auch nur ein Instrument des Verdauungsorchesters verstimmt, kann das zu Problemen wie Durchfall, Verstopfung, Blähungen und Unwohlsein führen. Doch was passiert genau in unserem Verdauungstrakt? Wir zeigen dir die gesamte Reise, die jeder Bissen und jeder Schluck durch deinen Körper antritt.

Die Verdauung beginnt im Mund

„Gut gekaut, ist halb verdaut!“ Der gute alte Spruch, den wir von unseren Eltern oder Großeltern immer zu hören bekommen haben, stimmt. Denn wenn du dein Essen zu schnell runterschlingst, verpasst du den Startschuss für eine gute Verdauung. Sobald du dir etwas zu essen vorstellst oder dir ein appetitlicher Geruch von Essen in die Nase steigt, beginnt der Speichel zu fließen – dir „läuft das Wasser im Munde zusammen“. Mit dem Speichel kommt auch das erste Verdauungsenzym zum Einsatz: die Alpha-Amylase, die Kohlenhydrate bereits im Mund aufzuspalten beginnt. Den Effekt kannst du leicht testen, wenn du ein Stück Weißbrot lange genug kaust. Probiere es einfach mal aus. Es wird auch ohne süßen Belag süß schmecken, weil die Amylase die Kohlenhydrate in Zuckerbausteine aufspaltet. Und auch die Fettverdauung wird hier durch die Zungengrundlipase eingeleitet.

Dabei bedeutet gründlich kauen, jeden Bissen mindestens 30-mal mit den Zähnen und der Zunge durchzuarbeiten, bis der Speisebrei wirklich von alleine „flutscht“. Dabei macht es natürlich einen Unterschied, ob du ein Steak oder eine Suppe isst. Aber selbst eine Suppe etwas im Mund zu behalten und Kartoffeln und Gemüse zu kauen ist wichtig, damit die Amylase Zeit findet, die Kohlenhydrate aufzuspalten. Je länger gekaut wird, desto besser kann der Speichel mit seinen enthaltenen Enzymen dein Essen in seine Bestandteile zerlegen. Besonders eiweißhaltige Nahrung muss gut gekaut bzw. eingespeichelt werden, sonst können die wertvollen Eiweiße im Dünndarm nicht in die wichtigen Aminosäuren gespalten werden.

Durch die Kaubewegung werden aber auch andere beteiligte Organe, wie die Bauchspeicheldrüse aktiviert. Denn sobald die Zunge Süßes schmeckt, schüttet sie vor lauter Vorfreude schon mal Insulin aus. Das Hormon, das die lebenswichtige Glukose in die Zellen einschleust.

Über die Speiseröhre in den Magen

Durch das aktive Schlucken wandert dein gut gekautes Essen durch die Speiseröhre in den Magen. Dabei führt die Muskulatur der Speiseröhre automatisch wellenförmige Bewegungen aus, die den Brei in Sekunden in den Magen pressen. Er folgt also nicht einfach der Schwerkraft, sondern wird aktiv weiter transportiert. Das geschieht automatisch, so dass wir sogar im Kopfstand schlucken könnten. Dein Magen fasst bis zu zwei Liter und ist mit einer ziemlich guten Muskulatur ausgestattet. Das obere und besonders dehnbare Drittel deines Magens dient als Speicher für den Speisebrei während die beiden unteren Drittel deines Magens die Nahrung mit rhythmischen Muskelkontraktionen immer wieder vermengen und auf diesem Wege weiter zerkleinern. Feste Nahrung wird nämlich erst dann an den Dünndarm weitergereicht, wenn die Nahrungsbestandteile kleiner als ein bis zwei Millimeter sind und das kann mitunter an die sieben Stunden dauern. Während Wasser den Magen schon nach weniger als einer halben Stunde wieder verlässt, erhöht sich die Verweildauer für feste Nahrung je nach Zusammensetzung: Proteinreiche Lebensmittel verweilen länger als kohlenhydratreiche Kost und fettreiche Nahrung verbleibt sogar noch länger und liegt manchmal regelrecht schwer im Magen.

Spezielle Zellen der Magenschleimhaut mischen dabei kräftig mit, produzieren verschiedene gastrointestinale Hormone und lokal aktive Substanzen, die zahlreiche Verdauungsfunktionen in Gang bringen. Zum Beispiel Ghrelin, welches an der Steuerung von Hunger- und Sättigungsgefühl beteiligt ist. Aber auch Motilin, das die Bewegungen der Magenmuskulatur reguliert. Daneben gibt es noch Gastrin, das verantwortlich für die Salzsäureproduktion ist, sowie seinen Gegenspieler Somatostatin, das wiederrum die Gastrin-Produktion steuert. Das Hormon Histamin fördert die Magensaftproduktion und reguliert die Immunantwort. Neben antibakterieller Salzsäure und Schleimsubstanzen zum Schutz der Magenschleimhaut enthält der Magensaft weitere Verdauungsenzyme und Elektrolyte. Ein ganz wichtiger Player ist der sogenannte „Intrinsic-Faktor“, ein Glykoprotein, ohne dass wertvolles Vitamin B12 nicht aus der Nahrung aufgenommen werden kann.

Wenn der Magen seine Aufgaben erledigt hat, gibt er durch Öffnen seines unteren Schließmuskels den Speisebrei an den Dünndarm weiter. Diesem doch recht langsamen und gründlichen Vorgang können bestimmte Umstände einen Strich durch die Rechnung machen. Denn Emotionen, wie Angst, Trauer, Vorfreude oder auch Stress können Einfluss auf die Muskulatur nehmen. Das kann dazu führen, dass man schnell satt ist oder einem schon nach einem Bissen schlecht wird.

Unser längstes Verdauungsorgan: Der Dünndarm

In diesem Darmabschnitt wird die Nahrung in etwa fünf Stunden zu Ende verdaut, also in ihre Einzelbausteine zerlegt und mit Wasser und Elektrolyten ins Blut aufgenommen. Die Gesamtlänge des Dünndarms liegt zwischen beeindruckenden drei bis sechs Metern. [1] Durch Ausstülpungen, Einsenkungen und Falten, sowie einen feinen Flaum aus sogenannten Mikrovilli hat er eine stark vergrößerte Oberfläche. So wird die maximale Aufnahme von Nährstoffen und Wasser über die Darmschleimhaut ermöglicht.

Man unterteilt den Dünndarm in den Zwölffingerdarm – ja, er ist tatsächlich in etwa so lang wie 12 Finger breit sind – darauf folgen Jejunum und Ileum. Im Dünndarm geht es dann in Sachen Verdauung nochmal richtig zur Sache: Bis zu zwei Liter Pankreassaft und bis zu einem drei Viertel Liter Gallenflüssigkeit gelangen jetzt dazu und kurbeln deine Verdauung so richtig an. Der basische Pankreassaft neutralisiert den sauren Mageninhalt und liefert 20 weitere Verdauungsenzyme mit deren Hilfe die anverdaute Nahrung weiter in ihre kleinsten Einzelbausteine zerlegt wird. [2]

Kohlenhydrate werden final in Einzelzucker wie Glukose und Fruktose aufgespaltet. Die durch die Eiweißverdauung im Magen entstandenen Peptide weiter zu Aminosäuren abgebaut. Fett durch Lipase-Enzyme in Fettsäuren aufgespalten. Da Fette und Wasser normalerweise keine Verbindung eingehen, sind Gallensalze als Emulgatoren essenziell für die Verdauung von Fett. Ganz ähnlich werden Öl und Essig durch Eigelb in der Mayonnaise dauerhaft emulgiert, ohne dass sie sich anschließend wieder voneinander absetzen. Außerdem resorbiert die Darmschleimhaut Mineralien und Vitamine, sowie an die neun Liter Flüssigkeit, von denen zwei Liter aus Essen und Trinken und sieben Liter aus den echten Verdauungssekreten stammen.

Alle Blutgefäße aus dem Dünndarm übergeben ihre resorbierten Substanzen, darunter neben den Spaltprodukten der Nahrung auch Giftstoffe und Medikamente, an die Leber, wo sie gegebenenfalls entgiftet und wieder über die Gallenflüssigkeit ausgeschieden werden.

Letzte Ausfahrt: Dickdarm

Der komplexeste Teil der Verdauung ist abgeschlossen, wenn der weitestgehend unverdauliche Rest den Dickdarm erreicht. Am Ende des Dünndarms befindet sich die sogenannte Bauhin-Klappe. Sie trennt den Dünndarm vom Dickdarm und verhindert, dass Stuhl aus dem Dickdarm zurück in den Dünndarm fließt. Die finale Station des Verdauungssystems übernimmt zwei wichtige Funktionen, nämlich dem Darminhalt weiterhin Flüssigkeit, aber auch Gallensalze und Elektrolyte zu entziehen. Dieser Prozess nimmt viel Zeit in Anspruch, weshalb es bis zu 70 Stunden dauern kann, bis die Masse den Dickdarm komplett passiert hat. Etwa drei Mal am Tag laufen Kontraktionswellen durch das 1,5 m lange Verdauungsorgan. Hier wird der Darmbrei weiter vermischt und in Richtung Enddarm vorangetrieben.

Was im Mund begonnen hat und sich in Speiseröhre, Magen, Dünn- und Dickdarm fortgesetzt hat, endet schließlich im Enddarm. Und der Stuhlgang gehört, zumindest ab einem gewissen Alter – zu den wenigen Verdauungsprozessen, die du bewusst steuern kannst. Bei den meisten Menschen reicht die Dickdarmfüllung für einen Toilettengang pro Tag. Auch dreimal pro Woche ist ok. Wie gut oder schlecht es mit der Verdauung klappt, hat vor allem damit zu tun, was du zu dir nimmst. Manche Lebensmittel regen die Verdauungssysteme an, andere lähmen sie eher.

Finde mehr darüber heraus, wie Ballaststoffe deine Verdauung unterstützen.

Quelle: Silbernagel, Despopoulos, Dgraghun: Taschenatlas der Physiologie, Auflage 2018

[1] Helga Fritsch et al, Taschenatlas der Anatomie 2 - Innere Organe, Thieme Verlag 2013

[2] Konrad Biesalski et al, Taschenatlas der Ernährung, Thieme Verlag 202